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▶︎ "Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen." - Die Ausgangslage ist denkbar ungünstig. Der Fischer Simon ist vom Fach, sein Leben lang hat er im See Gennesaret Fische gefangen. Er weiß Bescheid, ihm kann man darüber nichts erzählen. Und so weiß er natürlich auch, dass Fische in der Nacht oder ganz früh am Morgen gefangen werden können. Tagsüber halten sie sich am Grund des Sees auf, da bekommt man sie nicht ins Netz.
▶︎ Trotzdem wirft er sein Netz noch einmal aus - mitten am Tag. Von Jesus hat er gewiss schon gehört, immerhin hat er seine Schwiegermutter geheilt. Jesus hat ihn gebeten, von seinem Boot aus zu den Menschen sprechen zu können. Und als ihn dieser Jesus nun auffordert, noch einmal auf den See hinauszurudern und seine Netze auszuwerfen, da macht der erfahrene Fischer sich nicht etwa über ihn lustig. Er stellt zwar klar, dass er in der eigentlich geeigneten Zeit nichts gefangen hat, dass er entsprechend müde und enttäuscht ist. - "Doch wenn du es sagst, werde ich die Netze auswerfen."
▶︎ "Wenn du es sagst..." - Was hier zählt, sind weder Professionalität noch Erfahrung. Was hier zählt, ist Vertrauen. Nicht grundlos, denn was Jesus tut, was er sagt, das ist für Simon offenbar überzeugend. Und so trifft er eine Entscheidung. Die Entscheidung zum Vertrauen in den Herrn.
▶︎ Ein Augenblick der Entscheidung, ein "Sprung ins Vertrauen." Auch wenn Simon Petrus erst einmal entsetzt ist, als der Erfolg über alles Erwarten geht: "Herr, geh weg von mir, ich bin ein Sünder." Schlagartig wird ihm klar, wer er selbst ist und auf wen er da sein Vertrauen gesetzt hat. Und diese Diskrepanz wird ein Lebensthema für Petrus. Der Widerspruch zwischen Begeisterung und Versagen, zwischen Vertrauen und Wankelmut prägt sein Bild in den Evangelien und auch in der außerbiblischen Überlieferung, wenn ich nur an die Geschichte um das Kirchlein "Quo vadis" in Rom denke. Ein Leben lang musste Petrus darum ringen, dass sein Leben den Augenblick des Vertrauens immer wieder einlöste.
▶︎ "Die Bekehrung ist eine Sache des Augenblicks; die Heiligung ist ein Werk des ganzen Lebens." Dieses Wort des Heiligen Josefmaria fasst wunderbar zusammen, was uns an der Gestalt des Petrus exemplarisch deutlich gemacht wird. Und so ging es Josefmaria Escriva in seinem ganzen Leben um die Heiligung, dafür - als Werkzeug des Heilsauftrags für das Leben der Welt - hat er das Opus Dei gegründet. Es ging ihm darum, "die Lehre von der allgemeinen Berufung zur Heiligkeit in die Tat umzusetzen sowie die Heiligung der Arbeit und durch die berufliche Arbeit in allen Bereichen der Gesellschaft zu fördern" (Bulle "Ut sit" von 1982).
▶︎ Heiligung, Berufung zur Heiligkeit - Josefmaria Escriva hat dafür gelebt, dass dies nicht ein etwas exotischer Auftrag für einige Wenige ist, die wir verehren und bestaunen mögen, der uns aber ansonsten nichts weiter angeht. "Geistliche Apathie" nannte Kardinal Ratzinger in einer Predigt eine solche Haltung, und sagte dazu:
▶︎ "Aus dieser geistlichen Apathie hat Josefmaria Escriva aufgerüttelt: Nein, Heiligkeit ist nicht das Ungewöhnliche, sondern das Gewöhnliche, das Normale für jeden Getauften.
▶︎ Sie besteht nicht in irgendwelchen unnachahmlichen Heroismen, sie hat tausend Gestalten; sie kann an jeder Stelle und in jedem Beruf verwirklicht werden. Sie ist das Normale; sie besteht darin, das gewöhnliche Leben auf Gott hin zu leben und es mit dem Geist des Glaubens zu durchformen.
▶︎ So geht es dem Heiligen Josefmaria um die Heiligung des Alltagslebens durch Wertschätzung der kleinen Dinge, wenn er sagt: "Die `große´ Heiligkeit besteht im Erfüllen der `kleinen Pflichten´ des Augenblicks." Dazu gehört für die meisten auch das Ehe- und Familienleben, das in besonderer Weise Ort und Gegenstand der Heiligung ist. Aber auch die Heiligung der Arbeit insbesondere dadurch, dass der einzelne seine Aufgaben aus Liebe zu Gott und den Menschen so vollkommen wie möglich erfüllt.
▶︎ Gebet und Opfer sind wertvolle Hilfsmittel für die Heiligung. Das betrachtende Gebet, der tägliche Besuch der Heiligen Messe, regelmäßige Beichte, Lesung und Betrachtung des Evangeliums, Opferbereitschaft nach dem Beispiel Christi, aber auch die Liebe zur Muttergottes, - das alles gehört dazu und gibt der Heiligung des Alltags das nötige Fundament und Gerüst.
▶︎ Das Zeugnis für den Glauben gehört ebenfalls zu den wichtigen Hilfsmitteln. Es ist ja ein Irrtum, man könne erst Zeugnis ablegen, wenn man "so weit sei", was immer das heißen mag. Nein, im Ablegen des Zeugnisses für Christus, in Taten der Nächstenliebe wird Glaube konkret und die Heiligung des eigenen Lebens gestärkt.
▶︎ Letztlich geht es dem Heiligen Josefmaria um ein Leben "aus einem Guss". Wie er selbst es ausdrückt: "In einer schlichten und kraftvollen Einheit des Lebens" sollen sich Freundschaft mit Gott, Tätigkeit im Alltag und Apostolat miteinander verbinden. Denn es gibt "nur ein einziges Leben, welches aus Fleisch und Geist besteht, und dieses einzige Leben muss an Leib und Seele geheiligt und von Gott erfüllt werden."
▶︎ "Die Bekehrung ist eine Sache des Augenblicks; die Heiligung ist das Werk eines ganzen Lebens." - Sehen wir noch einmal zum Anfang zurück, zu Petrus, dessen Berufung sich aus einem Akt des Vertrauens heraus entwickelt. Sein kleines Vertrauen in den ihm noch nicht wirklich bekannten Christus wird von diesem beantwortet. Christus selbst sagt dem Sünder, der zitternd vor ihm kniet: "Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen."
▶︎ Eigentlich ein ungeheurer Vorgang! Niemand kennt Petrus so gut wie der, nach dessen Ebenbild er geschaffen ist. Wenn jemand seine Abgründe und Schwächen, Sünden und Begrenztheiten kennt, dann Christus. Und dennoch traut er ihm die Aufgabe an, Menschenfischer für ihn, Fels der Kirche und sein Stellvertreter zu sein. Viel größer als das Vertrauen des Petrus in den Herrn ist das Vertrauen Christi in ihn.
▶︎ Die feste Überzeugung von diesem erstaunlichen Vertrauen Gottes in uns ist auch die Grundlage für das unermüdliche Wirken des Heiligen Josefmaria. Die Heiligung des Alltags in allen Berufen und Lebensbereichen ist ja überhaupt nur möglich, weil uns durch Christus schon Heiligkeit geschenkt ist. Eine ursprüngliche, kraftvolle Heiligkeit, die uns befähigt, auch als Sünder durch die Kraft der Sakramente ein Leben aus dem Glauben zu führen. Denn durch Taufe und Firmung sind wir Kinder Gottes. "Sind wir aber Kinder, dann auch Erben", wie wir eben im Römerbrief gehört haben. "Wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden."
▶︎ Darum wollen wir uns als "Erben Gottes" und "Miterben Christi" das Wort des Heiligen Josefmaria Escriva zu Herzen nehmen: "Jesus soll das Ziel unserer Bestrebungen, die Liebe unseres Herzens, das Thema unserer Gespräche und das Vorbild unseres Handelns sein." Bitten wir ihn um seine Fürsprache dabei und die Muttergottes um ihren Segen dafür.
Amen.